Reisebericht

 

06.05.2000 Venedig - Italien

Nach anstrengenden Wochen mit dem Umbau der Motorräder (großer Tank, stärkere Scheinwerfer, Werkzeugkiste, Tankrucksackbefestigung, Bordsteckdose, etc.), der Suche nach den jeweiligen Ersatzteilen, dem Zusammenstellen der Reiseapotheke und der Zusammenstellung der Reiseapotheke und der  Vervollständigung der Ausrüstung sind wir gestern Mittag endlich bei herrlichem Wetter zu unserer großen Fahrt aufgebrochen.
Bereits an der ersten Tankstelle (500m nach dem Start) wurde Stefans Reifendruck auf Vordermann gebracht, danach ging es ohne größere Probleme nach Garmisch und über die Brenner Bundesstraße nach Italien. Nach dem Verlassen Deutschlands verschlechterte sich das Wetter zunehmend, bei immer wiederkehrenden Schauern erreichten wir am Abend Brixen, wo wir in der Jugendherberge neben dem Dom die Nacht verbrachten.
Heute Morgen besichtigten wir den Brixener Dom mit den bekannten Kreuzgangfresken. Über das Grödener Joch und den Passo di Rolle verließen wir die Dolomiten. Schlagartig wurde es erheblich wärmer. Inzwischen steht unser Zelt und bereits morgen werden wir mit der Fähre Italien in Richtung Griechenland verlassen. Natürlich lassen wir uns vorher einen Besuch der weltberühmten Sehenswürdigkeiten Venedigs nicht entgehen.
 

16.05.2000 Alexandroupoli - Griechenland

Genau eine Woche sind wir jetzt in Griechenland und der Aufenthalt begann nach 10 Minuten bereits damit, dass Peter beim Kauf seiner BILD-Zeitung gewaltig übers Ohr gehauen wurde. Unsere Abreise aus Italien verlief ohne unangenehme Zwischenfälle.
Nachdem wir am Morgen unsere Motorräder am Fährhafen abgestellt haben, sind wir in die Stadt marschiert und schauten uns die wichtigsten Sehenswürdigkeiten an: den Markusplatz (mit den Scharen ekliger Tauben), den Dom (war leider geschlossen), den Dogenpalast, die Rialto-Brücke, die Gondeln auf dem Canale Grande und den McDonalds. Am Nachmittag mussten wir dann ewig wegen der Fährtickets anstehen, aber im Gegensatz zu den beiden Pkw-Fahrern vor uns haben wir problemlos noch eines bekommen, schließlich lassen sich zwei Motorräder immer noch in irgendeiner Nische verstauen.
Außerdem hatten wir auch noch Glück, bei dem aufkommenden Regen schon an Bord gewesen zu sein und nicht noch vor dem Schiff. Die Überfahrt verlief bei ruhiger See problemlos und wir hatten viel Zeit, unsere weitere Reise detaillierter auszuarbeiten.
Entgegen unserer ursprünglichen Planung, in Igoumenitsa von Bord zu gehen, entschlossen wir uns, eine weitere Nacht auf dem Schiff zu verbringen und bis Patras weiter zu fahren, da wir so noch die Ausgrabungen von Delphi und einige für Motorradfahrer sehr reizvolle Bergstraßen zwischen Karpenisi und Trikala in unsere Route aufnehmen konnten. Nach anfänglichen Orientierungsschwierigkeiten bei der Suche nach der Fähre vom Peloponnes aufs Festland (Peter ist an der richtigen Ausfahrt vorbei gefahren und die Alternativfähre fuhr nur alle drei Stunden) fanden wir dennoch unseren Weg nach Delphi und kamen dort um 14 Uhr 45 an, um gerade noch in das archäologische Museum eingelassen zu werden.
Über Lamia kamen wir auf eng gewundenen Straßen nach Karpenisi wobei die letzten Kilometer bei strömendem Regen zu bewältigen waren. Insgesamt war das Wetter aber traumhaft und auch der Regenschauer am Abend dauerte nicht lange. Wir waren dennoch klatschnass, so dass wir ein Hotelzimmer in einem völlig leeren Hotel nahmen, das gegenüber der Hauptsaison spottbillig war.
Der folgende Tag bescherte uns eine 350 km lange Bergetappe mit zahllosen Serpentinen und kleinen teilweise unbefestigten Straßen, die uns durch entlegene Bergdörfer führten. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit erreichten wir den Zeltplatz in Kastraki am Fuße der Meteora-Klöster.
Am folgenden Donnerstag war dann wieder ein Tag Ruhe angesagt, wobei Stefan das Kloster Metamorphossis besichtigte, das größte und höchstgelegene der Meteora-Klöster. Peter, der das Kloster schon im vergangenen Jahr gesehen hat, erholte sich in der Zeit von seiner leichten Erkältung.
Am Nachmittag versuchten wir, in einem Internet-Café einen Bericht zu schreiben und unsere Mails abzurufen, aber der Besitzer konnte uns bei dem Umgang mit der griechischen Version des Internet-Explorers wenig helfen und die Verbindung war auch viel zu langsam.
Die nächste Tagesetappe führte uns von den Meteora-Klöstern vorbei am Berg Olympus bis vor die Tore Thessalonikis. An diesem Tag hatte Stefan mit einer Erkältung zu kämpfen (wir teilen eben fast alles auf dieser Reise) und so entschlossen wir uns zur Abwechslung wieder für ein Hotel. Unterwegs wurden wir einmal von einem kurzen Regenschauer erwischt aber insgesamt war es schon recht heiß, so dass die kühle Dusche am Abend im Hotel nicht unwillkommen war.
Schon bevor wir die Motorräder am nächsten Morgen (Samstag) beladen hatten, war Peter schweißgebadet von der Hitze. Mal sehen, wie das wird, wenn es richtig heiß ist.
In Thessaloniki haben wir wieder ein Internet-Café gefunden und diesmal konnte uns auch bei der Konfiguration des E-Mail-Accounts geholfen werden. Am späten Nachmittag haben wir die Stadt wieder verlassen und sind genau in den Regen hineingefahren.
Zum Glück haben wir nicht die ganze Wucht dieser Sintflut abbekommen, die zum Teil Sand und Kies auf die Straßen gespült hat und riesige Pfützen bildete. Um nicht nachts noch mit dem Zelt weggespült zu werden, nahmen wir uns für die folgenden zwei Nächte ein Zimmer in einer netten Privatunterkunft in Olympiada, dem Geburtsort Aristoteles', an der Ostküste der Chaldiki-Halbinsel. Am Sonntagmorgen brachen wir bei kühlen Temperaturen und bedecktem Himmel zu einer Umrundung der Halbinsel Sithonia auf, von wo wir am Nachmittag bei Sonnenschein einen herrlichen Blick auf den Berg Athos hatten. Ein Besuch der Mönchsrepublik Athos wäre mit Sicherheit interessant aber eine Genehmigung muss in Thessaloniki beantragt werden und das kann wochenlang dauern. Frauen ist der Zutritt übrigens absolut untersagt, nicht dass die Mönche auf unkeusche Gedanken kommen.
Gestern haben wir dann auf unserer Weiterfahrt nach Alexandroupoli die Ausgrabungen in Filipi bei Kavala besichtigt. Hier in Alexandroupoli, 45 km vor der türkischen Grenze, machen wir heute einen ruhigen Tag bevor wir morgen weiter nach Istanbul fahren werden.
 

19.05.2000 Istanbul - Türkei

In Alexandroupoli hatten wir das Glück, der Olympischen Flamme auf ihrem Weg von Griechenland nach Australien zu begegnen. In einem abendlichen Festakt am Hafen wurde das olympische Feuer den Australiern übergeben und viele wichtige Reden gehalten.
Unsere Ausreise aus Griechenland dauerte nicht einmal fünf Minuten, die Einreise in die Türkei mehr als eine Stunde. Zoll, Polizei, Fahrzeugregistrierung... überall anstehen ... überall Stempel abholen.. Aber letztendlich durften wir dann problemlos einreisen.
Die nicht sehr ansprechende Landschaft bis Istanbul versuchten wir möglichst schnell hinter uns zu lassen, so schnell, dass wir gleich von einer Polizeistreife herausgewunken wurden, weil wir eine durchgezogene Linie missachtet hatten. Nach einigem Hin und Her (keiner verstand den anderen) kamen wir mit der Geldstrafe ziemlich glimpflich davon.
In Istanbul fanden wir mit Hilfe eines Taxifahrers, der sich als Lotse betätigte, relativ zügig in die Altstadt, um dort eine Unterkunft zu suchen. Schnell mussten wir uns an die in unseren Augen aufdringlichen Zimmervermittler, Schuhputzer, Kellner, Straßenhändler und Guides gewöhnen. Ganz Istanbul war im UEFA-Pokalfieber. Auch wir sahen uns neben der Blauen Moschee das Spiel gemeinsam mit 300 Türken auf einer größeren Leinwand an. Der Sieg von Galatasaray Istanbul wurde frenetisch gefeiert. Selbst Feuerwehr, Ambulanz und Polizei fegten mit Blaulicht und Sirenen durch die Straßen und jeder war aus dem Häuschen. Gestern (18.05.) besuchten wir dann die Hagia Sophia, die Blaue Moschee und den Topkapi-Palast, mit seinem bekannten Harem. Zu Peters Bedauern sind in dem Harem nur noch die Räumlichkeiten zu besichtigen. Am Abend wurde die Blaue Moschee in einer spektakulären Illuminationsshow in verschiedene Farben getaucht. Der richtige Abschluss für einen Tag an dem wir erfahren haben, dass unsere längst überfälligen Visa für den Iran endlich auf dem Weg nach Ankara sind. Morgen (20.05.) verlassen wir Istanbul in Richtung Troja.
 

23.05.2000 Pamukkale - Türkei

Das Verlassen von Istanbul vor drei Tagen am 20.5. gestaltete sich erheblich einfacher als das Auffinden der Altstadt bei unserer Ankunft in dieser Metropole. Obwohl wir uns zunächst nur an der Himmelsrichtung und nichtssagenden Stadtteilnamen orientieren konnten, fanden wir auf Anhieb die richtige Brücke über den Bosporus nach Asien, danach ging es weiter auf der Autobahn nach Ankara, auf der wir dann bis nach Izmit fuhren, der Stadt, die im vergangenen Jahr von katastrophalen Erdbeben heimgesucht wurde. An vielen Gebäuden waren noch die Spuren sichtbar und die noch immer existierenden Zeltlager und Containersiedlungen gaben uns eine leichte Vorstellung davon, was die Bevölkerung hier erlebt hat.
Wir setzten unsere Reise jetzt in westlicher Richtung zunächst entlang der Küste fort und bogen bei Yalova nach Bursa ab. Weiter ging es dann über Bandirma bis kurz hinter Canakkale, wo wir nach gut 500 km Fahrstrecke relativ erschöpft unser Zelt auf einem Campingplatz aufbauten. Dass diese Tagesetappe ganz so lang sein würde, hatten wir vorher nicht erwartet, aber letztendlich waren wir froh, in einem Stück die Strecke bewältigt zu haben, weil sie landschaftlich bis auf die letzten Kilometer nicht allzu viel zu bieten hatte.
Am Sonntag, den 21.5., besichtigten wir zunächst, bei genauso herrlichem Wetter wie an den Tagen zuvor, die Ausgrabungen von Troja. Gegen Mittag machten wir uns dann auf den weiteren Weg Richtung Bergama, das wir am späten Nachmittag erreichten. Die letzten 50 km dieses Tages von der Küste weg durch die Berge war sehr schön und viele türkische Familien nutzten die Wälder zum Picknickmachen. Auf diesem Stück gerieten wir wieder einmal in eine Polizeikontrolle. Diesmal ging es den Beamten allerdings nur um die Fahrzeug- und Personalpapiere und nachdem wir diese präsentiert hatten, durften wir weiterfahren.
Nach dem Aufbauen des Zeltes nutzten wir den nebenan gelegenen Swimmingpool für eine kühle Erfrischung. Abends kochten wir uns auf unserem guten Benzinkocher eine Portion Spaghetti mit Tomatensauce, Käse und Thunfisch, von der in einem Restaurant vermutlich sechs Leute hätten satt werden müssen. Für vier wäre es eine reichliche Mahlzeit gewesen und wir zwei hatten so viel, dass wir danach pappsatt waren, uns kaum noch bewegen konnten und trotzdem noch einiges übrig hatten.
Gestern Vormittag (22.5.) besichtigten wir die Akropolis von Pergamon, die bisher wohl interessanteste Ausgrabungsstätte auf unserer Reise. Dabei erfuhren wir, dass Studenten mit dem internationalen Studentenausweis zu Museen, die von der UNESCO unterstützt werden, freien Eintritt haben. Mittags ging es dann wieder weiter nach Pamukkale, das wir nach gut 350 km erreichten. Unterwegs wurde uns bei einem schlaglochübersäten Straßenabschnitt wieder einmal klar, dass die Qualität der griechischen Straßen besser war, dafür ist die Fahrweise der türkischen Autofahrer erheblich rücksichtsvoller, wie die Menschen insgesamt sehr freundlich und aufgeschlossen sind. Am Abend bauten wir wieder unser Zelt auf und aßen dann als einzige Gäste in dem angrenzenden Restaurant, das Mittags Busladungen voll Touristen abfertigt.
Heute haben wir bislang unsere dreckige Wäsche gewaschen, bei Stefans Motorrad die Ventile neu eingestellt und bei Peters Motorrad den Federweg des Hinterrads vergrößert, damit das vollbepackte Motorrad vielleicht in Zukunft besser stehen bleibt. Am Nachmittag werden wir uns dann noch die hiesigen Kalksinterterrassen und morgen geht es weiter Richtung Ankara, wo wir am Donnerstag hoffentlich ein Wiedersehen mit unseren Pässen feiern dürfen.
 

24.05.2000 Pamukkale - Türkei

Gestern Nachmittag, 23.05., sind wir gegen 16.30 Uhr zu den Kalkterrassen aufgebrochen. Da diese nur ca. 1km entfernt sind, verzichteten wir auf unsere schwere Motorradkleidung und trugen lediglich dünne Hemden und unsere Sommerhosen. Eine fatale Fehlentscheidung, wie sich nur wenige hundert Meter hinter unserem Campingplatz herausstellte. In einer uneinsehbaren Rechtskurve einer Nebenstraße passierte der Alptraum eines jeden Motorradfahrers. Peter kommt plötzlich ein Traktor mit Anhänger auf seiner eigenen Fahrspur entgegen. Obwohl die Geschwindigkeit beider Fahrzeuge gering war, war es unmöglich, das Motorrad in seiner Kurvenschräglage rechtzeitig zum Stehen zu bringen. Peter stürzte und schlitterte über den rauen Asphalt. Der Traktor zuckelte langsam auf die für ihn gedachte rechte Fahrspur und hielt an. Da Stefan einigen Abstand zu Peter hatte, kam er erst dazu als das Motorrad auf der Straße lag und die türkische Bauernfamilie (6 Leute) vom Anhänger stieg.
Peter humpelte schon wieder auf der Straße herum, sein Hemd war zerrissen, sein rechter Oberarm von einer großen Schürfwunde überzogen, sein Ellbogen blutete ein wenig und seine Hüfte hatte eine leichte Prellung abbekommen. Und schon ging das Gezeter los: "Habala, habala, habala.....Allah.....habala, habala, habala....". Wir verstanden kein Wort, wussten nicht, was das Geschrei sollte, haben erst mal das Motorrad aufgerichtet und versucht unsere Gedanken zu sortieren. Die türkische Familie wollte wohl wissen, ob Peter große Schmerzen hat, die offensichtliche Wunde am Arm interessierte wenig und nachdem wir ihre Adresse verlangt hatten zuckelten sie wieder weiter. Das Motorrad lief noch und hatte augenscheinlich keinen größeren Schaden abbekommen, so dass wir zunächst zurück zum Campingplatz fuhren, wo sich der wirkliche Schaden herausstellte und wir erst so langsam realisierten, was wirklich passiert war. Die Bremsscheibe und die Vorderachswelle waren leicht verbogen und müssen neu beschafft werden.
Auch machten wir uns Vorwürfe, nicht die Polizei verständigt zu haben, allerdings wäre deren Hilfe äußerst fragwürdig gewesen. Zum einen stehen sechs Aussagen gegen die von Peter und zum anderen wäre sprachliche Barriere wohl zu unserem Nachteil gewesen. Diese Sicht bestätigten uns auch die türkischen Campingplatzbesitzer. Momentan waren wir auf die Ersatzteile und Peters Schürfwunden haben Zeit abzuheilen, bevor unsere Reise weitergeht. Zum Glück ist Peter nur mit ein paar leichten, wenn auch schmerzhaften, Schürfwunden glimpflich davongekommen.
 

31.05.2000 Pamukkale - Türkei

Eigentlich dachten wir, der Alptraum eines jeden Motorradfahrers sei ein auf der falschen Seite fahrender Gegenverkehr in einer Kurve, aber das Nachspiel unseres Unfalls, nämlich die Ersatzteilbeschaffung mittels eines großen deutschen Automobilclubs, hat unsere Nerven wohl stärker belastet, als es jene Begegnung mit dem Traktor jemals vermocht hätte.
Die Mitgliedschaft in besagtem Automobilclub umfasst auch die Ersatzteilbeschaffung, so diese Teile im jeweiligen Land nicht erhältlich sind. Die ersten Anrufe in München und Istanbul waren sehr vielversprechend: "Man werde sich darum kümmern die Teile in der Türkei ausfindig zu machen, gäbe es sie dort nicht, werden sie aus Deutschland zugeschickt, in spätestens 3 Tagen sei die Sache erledigt."
Zwei Tage später (um 22 Uhr 45) landeten die Teile aus Deutschland via Lufthansa in Istanbul, jetzt war der Vertreter des Automobilclubs in Istanbul gefragt. Das Drama begann. "Die Teile lägen beim Zoll, seine Mitarbeiter würden sie aber sofort abholen". "Der Zoll brauche zur Abwicklung 4 Tage (es liegt immerhin ein Wochenende dazwischen) da könne man nichts machen". "Der Zoll benötigt eine Bestätigung, dass die Teile in der Türkei nicht erhältlich sind" (die muss das Clubmitglied erbringen und nach Istanbul schicken, dabei war es die Entscheidung des Automobilclubs, die Teile aus Deutschland kommen zu lassen).
"Die Teile seien nicht schon vor 5 Tagen sondern erst vor 3 Tagen in Istanbul angekommen". "Das Gesetz hat sich geändert (allerdings erst nach 8 Tagen Telefonstreit), das Clubmitglied müsse persönlich in Istanbul erscheinen".
"Könnten Sie nicht die Kosten für das Flugticket vorschießen, ich werde sie Ihnen dann ersetzten".
Auf die Nachfrage, wo man sich am Flughafen in Istanbul treffen werde, hieß es: "Sind Sie zum ersten Mal in der Türkei? Sie werden doch wohl alleine zum Zoll finden! Er arbeite völlig alleine, hätte keine Mitarbeiter und könne das Büro nicht verlassen."
Dieses Feuerwerk an Unfähigkeit, Inkompetenz, Unwahrheit und Unverschämtheit gepaart mit dem 10tägigen Aufenthalt auf einem drittklassigen Campingplatz in der türkischen Pampa zwischen Ankara und Ismir war das bisher nervenaufreibendste Erlebnis unserer Reise.
Nebenbei bemerkt: In der Zwischenzeit haben wir in nicht einmal 24 Stunden 3 neue Enduroreifen (es gibt hier in der Türkei fast keine Endurofahrer!) aus Istanbul geschickt und montiert bekommen. Mehmet, Mustafa, Erkan, dem "Professor" und allen anderen Beteiligten Mechanikern und Dolmetschern sei an dieser Stelle nochmals herzlichst für ihre endlosen Telefonate und ihren unermüdlichen zeitraubenden Einsatz gedankt. Sie waren es auch, die uns vorgeschlagen haben, die Teile (Vorderachswelle und Bremsscheibe) auf einer Drehbank nachzudrehen. Aber das war am 2. Tag, da dachten wir noch: "Morgen haben wir die Teile durch die freundliche Unterstützung unseres Automobilclubs", dessen Mitglieder wir wohl die längste Zeit gewesen sind.
 

04.06.2000 Ortahisar - Türkei

Nachdem sich Peter am 31.5., glücklicherweise mit türkischer Unterstützung, erfolgreich durch den Dschungel der Zollbehörden gekämpft hat und letztendlich die Teile mit dem Flugzeug am Morgen des 1. Juni nach Pamukkale zurückbrachte, konnten wir unsere Reise nach schier endlosem Warten endlich fortsetzen. Das Ziel hieß "Deutsche Botschaft in Ankara" und am Vormittag des 2. Juni trafen wir dort kurz nach unseren Pässen ein.
Nach einem kurzen Aufenthalt in einem Ankaraer Krankenhaus, wo Peter seine Hüftprellung vom Unfall untersuchen ließ (Diagnose: absolut unbedenklich) ging es geradewegs nach Kapadokien und in den Regen. Unsere Motorradklamotten sind seit 3 Tagen nicht richtig trocken geworden, weshalb wir auch einen Tag länger als geplant hier im Hotel "Berlin" bleiben werden.
Kapadokien ist bekannt durch seine bizarre Tuffsteinlandschaft. Viele Höhlen, Kirchen und Klöster wurden seit Jahrhunderten in den weichen Fels gegraben, in Derinkuyu gibt es sogar eine unterirdische Stadt mit 8 Stockwerken. Dort war es auch wo sich ein Nagel in Peters nagelneuen Hinterreifen bohrte. Das Loch im Schlauch konnte aber in einer 200 m entfernten Werkstatt geflickt werden und anstatt uns die Hände schmutzig zu machen, tranken wir den obligatorisch angebotenen Tee. Bei mittlerweile wieder strömendem Regen fuhren wir zurück zu unserem Hotel, wo wir tropfnass ankamen und jetzt darauf hoffen, dass wir morgen bei Sonnenschein die herrliche Landschaft genießen können.
 

10.06.2000 Erzurum - Türkei

Das Wetter in Kapadokien wurde leider nicht entscheidend besser und auch das Motorrad von Stefan zeigte immer mehr Macken (Benzinschlauch undicht, dritte Glühbirne innerhalb von ein paar Tagen, kein konstantes Leerlaufgas mehr, Leistungsabfall im oberen Drehzahlbereich, etc.). Am 6. Juni verließen wir Kapadokien, aber anstatt bis nach Sivas zu fahren, kommen wir nur bis nach Kayseri, wo Stefans Kiste erst vor einer Ampel fast nicht mehr anspringen wollte (bis zum erfolgreichen Anlassen vergingen drei Grünphasen), um dann 300 m weiter endgültig den Geist aufzugeben. Nachdem wir in der prallen Sonne neben einer vierspurigen Einfallstrasse drei Stunden alles mögliche zerlegt und ausprobiert hatten (Zündkerzen ausgetauscht, Benzinlauf kontrolliert, Zündspule ausgetauscht, Vergaser ausgebaut etc..) war guter Rat teuer, den die zahlreichen Zuschauer, die wir über die Zeit gewannen, auch nicht hatten. Der Bock gab keinen Zucker von sich. Der absoluten Verzweiflung nahe, kam dann ein Türke, der für uns einen LKW organisierte und mit uns gemeinsam zu der 5 km entfernten Werkstatt des einzigen Motorradmechanikers in dieser 500 000 Einwohnerstadt fuhr. Die Diagnose fiel verheerend aus. Zylinder, Kolben, Ventile: alles ist kaputt, zumindest übersetzte das ein selbsternannter Dolmetscher, der 18 Jahre in Stuttgart gelebt hat. Der Preis war dementsprechend hoch, aber was blieb uns anderes übrig, uns auf die Reparatur einzulassen? Am Tag darauf war das Motorrad repariert und lief super. Obwohl uns die schnelle Reparatur spanisch vorkam, bestand der Dolmetscher auf dem Preis und wir bezahlten, weil angeblich alles neu sein sollte. Am Abend hatten wir dann genug Zeit nachzudenken und unsere Gedanken logisch zu ordnen und beschlossen, am nächsten Morgen noch mal bei der Werkstatt vorbeizuschauen, um zu erfahren, wie viel von der Kohle dem Mechaniker zugeflossen sind.
Mangels Englisch- und Deutschkenntnisse rief er in unserem Hotel an, und behauptete, dass der Dolmetscher ihm gegenüber angeblich vorgegeben hat, beim Preis gleich noch einen Guidelohn und unsere Hotelkosten draufgeschlagen zu haben. Der Mechaniker hat von unserem Geld nach eigenen Angaben nur ein Drittel gesehen.
Diese Version brachte die Hotelleitung natürlich in Verruf, da ihr unser Dolmetscher bekannt war und als ihr Sheppard (Touristenfänger) agierte. Somit wurde vom Hotel die Polizei verständigt und der Dolmetscher aufgetrieben, der ziemlich schnell eingestand, zwei Drittel der Summe in seine eigenen Taschen gesteckt zu haben. Um sich von jedem Verdacht reinzuwaschen, rief das Hotel auch gleich ein lokales Fernsehteam. Somit konnte man sich medienwirksam als Beschützer der Touristen darstellen. Das Interview mit uns zeichnete sich dadurch aus, dass unsere Antworten vier mal so lange übersetzt wurden. Nach Aufnahme des Protokolls, der Erstellung der Anzeige, der Rückgabe des Geldes und einem vom Hotel spendierten Mittagessen ging es weiter nach Sivas. Von Dort kamen wir gestern bei traumhaften Wetter entlang wunderschöner Bergszenarien hier in Erzerum (2000 m ü. NN) an. In drei Tagen haben wir hoffentlich die Grenze zum Iran hinter uns gelassen.
 

17.06.2000 Teheran - Iran

Vor 5 Tagen haben wir die Türkei verlassen und wie bei der Einreise mussten wir wieder die verschiedenen Stempel an verschiedenen Schaltern sammeln. Von den Beamten konnte wieder keiner Englisch, so dass es gut eine Stunde dauerte, bis wir endlich das Land verlassen durften. Für die Einreiseformalitäten des Iran waren wir daher auf alles gefasst. Aber anstatt uns mit Händen und Füßen von Schalter zu Schalter durchzuhangeln, kam sofort ein netter älterer Herr auf uns zu, stellte sich als Touristenbeauftragter vor und half uns in bestem Oxford-English die Hürden zu nehmen. Trotz der Hilfe des Herrn Hussein dauerte die ganze Prozedur seine Zeit, da Stromausfall war und auch die iranischen Behörden auf Computer angewiesen sind.
Wie auch schon im Osten der Türkei beeindruckte uns zunächst die herrliche Landschaft und die Freundlichkeit der Menschen. Zu einem "How are you?", "What's your name?" oder "Where are you from?" reichten die Englisch-Kenntnisse bei erstaunlich vielen Menschen.
Am letzten Tag in der Türkei waren wir noch zwei Eidgenossen begegnet, die auf zwei in Indien gekauften Enfield-Motorrädern auf dem Weg zurück in die Schweiz waren und uns darauf einstimmten, dass alles immer schlechter würde, je weiter wir nach Osten kämen. Nun, zumindest für den Übergang von der Türkei in den Iran galt das nur sehr bedingt.
Was die Kleidung der Frauen angeht, so hatten wir damit gerechnet, von Gesichtern bis Pakistan nichts zu sehen, weil diese durch den Gesichtsschleier verdeckt würden. Auch hier wurden wir eines besseren belehrt. Schwarze Umhänge und Kopftücher sind zwar der Standard, aber man sieht auch buntere Varianten; Blue Jeans, hohe Absätze und lange Haare schauen schon gelegentlich darunter hervor. Essen und Übernachtungen sind vergleichsweise billig und Benzin mit etwa 12 Pfennig pro Liter geradezu geschenkt, immerhin hat es in der Türkei fast 20 mal so viel gekostet.
Die Temperaturen waren bisher auch noch ganz gut erträglich, wobei wir uns immer noch relativ hoch aufhalten (Teheran liegt zwischen 1000 und 1700 m über dem Meer) und zum Motorradfahren geradezu ideal. Ein deutlicher Qualitätsanstieg gegenüber der Türkei ist in der Beschaffenheit der Straßen zu sehen, die durchwegs deutschen Standard genügen und somit das Fahren erheblich entspannter machen.
Seit gestern sind wir jetzt in der Metropole Teheran, wo wir morgen unser pakistanisches Visum verlängern lassen , damit wir nicht unter Zeitdruck stehen, Pakistan in Kürze erreichen zu müssen. Heute haben wir uns mal wieder um Stefans Motorrad gekümmert, das uns schon ein bisschen Sorgen bereitet, vor allem nachdem wir jetzt wissen, dass zwei Schrauben vom Ventilkopf abgedreht sind, was eine Erklärung für den relativ hohen Ölverlust darstellt.
Mit der Anzahl der Internetcafés ging es nach der Türkei praktisch auf Null. Wir haben allerdings gehört, dass das auch hier im Kommen ist und nach einiger Suche haben wir auch eines in Teheran aufgetrieben.
Nach der Verlängerung des Visums geht es übermorgen weiter nach Isfahan.
 

24.06.2000 Teheran - Iran

Es kommt halt doch immer anders als man denkt und im Nachhinein ist man klüger als vorher.
Nach Teheran sind wir gefahren, um unser Visum für Pakistan zu verlängern, da dieses nur bis 2.7.2000 gültig ist. Wie wir von der pakistanischen Botschaft erfuhren, bezieht sich das Datum aber nur auf den Tag der Einreise und danach darf man 90 Tage im Land bleiben. Somit war unsere Fahrt nach Teheran eigentlich überflüssig geworden und wir könnten schon fast in Pakistan sein. Den verbleibenden halben Tag nach dem Botschaftsbesuch nutzten wir noch zur Besichtigung des Azadi-Monuments (leider nur von außen) und des Sommerpalastes des Schah.
Am 19.6. brachen wir schon um 7 Uhr 30 auf, um möglichst vor dem aufkommenden Berufsverkehr die Stadt verlassen zu haben. Bei der Auffahrt zur Autobahn wurden wir von der Polizei gestoppt, da Motorräder die Autobahn nicht benutzen dürfen, aber nachdem Peter erklärt hat, dass wir auch nach Teheran auf der Autobahn fuhren, lies sich der Polizist erweichen und wir durften weiterfahren - allerdings nur ganz auf der rechten Seite. Direkt hinter der ersten Mautstelle hielten wir nochmals an und mussten feststellen, dass Stefans Motor mehr Öl verlor als vorher (tropf, tropf, tropf ....).
Wir entschieden uns also zur Rückkehr nach Teheran, um den Motor in einer Werkstatt reparieren zu lassen. Eine Werkstatt und einen Dolmetscher hatten wir schnell gefunden, aber der Mechaniker konnte uns nicht helfen, kannte wohl keine so großen Motorräder (im Iran sind nur 200 ccm erlaubt und unsere haben 600 bzw. 650 ccm), so dass wir noch eine Weile mit dem Dolmetscher suchten, bis wir schließlich in der Werkstatt landeten, die auch die BMW-Motorräder der Polizei wartet. Hier war Stefans Motorrad in guten Händen und obwohl der 20.6. ein Feiertag war (Mohammeds Geburtstag) bekamen wir mittags das reparierte Motorrad zurück.
Das Motorrad war jetzt zwar wieder in Ordnung, dafür entwickelte sich Peters Magenverstimmung über Nacht zu einer richtigen Darmgrippe mit Fieber, Schüttelfrost, Durchfall und Appetitlosigkeit. Am Nachmittag des 21.6. ging es deshalb nicht Richtung Isfahan, sondern in die Praxis von UN-Arzt Dr. Ameli, der wohl die ärztliche Versorgung der Diplomaten und der Wohlhabenden übernimmt. Nach Einnahme der verschriebenen Tabletten und Einhaltung der verordneten Diät (Tee, Cola, Elektrolytlösung, Joghurt, Reis und Kekse) ging es Peter heute (24.6.) wieder gut und wir hoffen, dass wir morgen doch endlich nach Isfahan kommen, schließlich müssen wir bis 2.7. an der Grenze sein. Bitte bestellt für uns beim "Peaches" (München/Neuhausen) eine Familienpizza "Spezial" postlagernd nach Isfahan, wir können nämlich keinen Kebab mit Reis und Joghurt mehr sehen!
 

02.07.2000 Quetta Pakistan

Nachdem wir Teheran endlich hinter uns gelassen hatten, erreichten wir Isfahan ohne größere Komplikationen (mittags gab es wieder Kebab mit Reis - bäh!!!). Unsere Unterkunft ist Anlaufstation für die meisten Traveller. Am Abend trafen wir einen Dänen, der alle Länder der Erde bereisen will (Iran war Nr.75), einen Italiener, der mit dem Rad von Italien nach Tibet fährt und einen Deutschen, der mit dem Rad in zwei Jahren die Welt umrundet.
Natürlich gab es auch noch jede Menge Backpackers, die ganz normal mit Bus, Zug oder Flugzeug im Mittleren Osten umherreisen. Isfahan ist eine wunderschöne Stadt, berühmt für seine Blaue Moschee, seine Paläste, Parks und seinen Basar. Der eine Tag Aufenthalt war sicher zu wenig für diese Stadt, dennoch machten wir uns am 27 Juni nach Yazd auf. Hier waren schon deutlich die ersten Elemente der "Wüstenarchitektur" zu sehen: Enge Gassen und Lehmbauten mit kleinen (keinen) Fenstern und Belüftungskaminen. Danach ging es weiter via Kerman (unspektakuläre Stadt) nach Bam, eine Oasenstadt am Rande der Wüste. Bam beeindruckt vor allem durch seine verlassene und zu einem Museum umgewandelte Altstadt. Sie ist von einer riesigen Befestigungsanlage umgeben und man darf sich in den weitläufigen Ruinen frei bewegen und herumklettern. Unser Herbergsvater kochte zwei mal persönlich für uns, und es waren zwei der seltenen Mahlzeiten im Iran die viel Gemüse enthielten. Die nächste Tagesetappe sollte uns zur iranisch-pakistanischen Grenze bringen. Da die kompletten 430 km durch die Wüste (Sand und Steine) führen sind wir bereits um 5.30 Uhr aufgestanden und um 7.00 Uhr losgefahren, um die "kühleren" Morgenstunden zu nutzen. Nach 15 km wurden wir von einer Straßensperre aufgehalten, die uns die Weiterfahrt verweigerte, mit dem Hinweis, dass die Route zu gefährlich sei und wir um 9.00 Uhr mit einer Eskorte fahren müssten. Die Pässe wurden einbehalten, die bekämen wir von der Eskorte zurück, hieß es. Wir durften warten und zusehen wie die Sonne immer unerbärmlicher anstieg und Dutzende von Autos und Lkws die Sperre problemlos passierten. Um 9.00 Uhr war natürlich keine Eskorte da, um 9.30 Uhr wurde das Polizeipersonal verköstigt und um 9.50 Uhr bekamen wir die Pässe zurück. Wir fragten nicht lange nach, sondern fuhren sofort auf der unkontrollierten Gegenspur unserem Ziel entgegen. Niemand ist so verrückt, freiwillig die 350 km zwischen!
Bam und Zahedan (reine Wüste , ein paar Berge) in den Mittagsstunden zu befahren, zumindest hat uns keiner mehr überholt. Bei 45 Grad war unser Wasserkonsum zwar hoch, hielt sich aber mit 2 Litern pro Person für die fünf Stunden Fahrt in Grenzen. In Zahedan gab es dann wieder Kebab mit Reis, bevor es zum Grenzort Mirjaweh weiterging. Diese letzte Fahrstrecke (80km) im Iran war wohl eine der trostlosesten und deprimierendsten der ganzen Reise. Ein Sturm wirbelte soviel Sand und Staub auf, dass man kaum einen km weit sehen konnte und die Sonne hinter einem grauen Schleier verschwand. Der Sand war danach überall zu finden, im Helm genauso wie in den Taschen und in den Stiefeln. In dieser Endzeitstimmung fragt man sich wirklich warum in dieser so unwirtlichen Gegend Menschen wohnen, aber in Mirjaweh herrschte ein reges Treiben, wobei nur Männer zu sehen waren. Wir konnten ein letztes Mal für 12 Pfennige pro Liter tanken (wie immer bis der Tank überlief!) und fanden ein Hotel, wohl die einzige Herberge im Dorf. Wäre die Ernährung nicht so einseitig und die Polizeiwillkür nicht so uferlos gewesen, wir hätten den Iran wohl als das bisher bezauberndste und beeindruckendste Land in Erinnerung behalten.
Die Grenze öffnete am nächsten Morgen um 8.00 Uhr und wir waren die ersten am Checkpoint. Die iranische Seite war in einer Rekordzeit von 30 Minuten überwunden, die pakistanische brauchte etwas länger. Unser Weg führte uns weiter durch die Wüste nach Dalbandin. Die erste Eindrücke von Pakistan: Das Essen ist traumhaft (Reis mit Gewürzen und Gemüse, Fladenbrote die einem wieder an Brot erinnerten), die Straßen sind zwei Kategorien schlechter, der Lebensstandard ist niedriger die Lkws sind bunter (geradezu verspielt farbenprächtig), der Sprit ist viel teurer und die Unterkunft und das Essen vergleichbar mit dem Iran.
Heute (2. Juli) haben wir endlich die Wüste hinter uns gelassen, nachdem wir in der vergangenen Nacht bei 40 Grad im Zimmer sehr schlecht geschlafen haben. Der Zustand der Straßen wurde zunehmend schlechter aber alleine die kühlere Höhe von Quetta entschädigt für alles.
 

08.07.2000 Islamabad - Pakistan

Von Quetta aus stellte sich die Frage, wie wir weiterfahren sollten, da die eine Route als "Räuberstrecke" berüchtigt ist und die andere durch die heißeste Stadt Pakistans führte, in der das Thermometer im Schatten regelmäßig 50 Grad anzeigt. Nachdem wir uns bei einer Touristeninformation und bei der deutschen Botschaft informiert hatten, entschieden wir uns für die "Räuberstrecke" durch die Berge und wurden mit einer herrlichen Landschaft und angenehmen Temperaturen belohnt. In Ziarat, einem Ferienort der pakistanischen Oberschicht, wurden wir von zwei kanadischen Familien zum Abendessen eingeladen, die seit 3 bzw. 12 Jahren in Pakistan lebten. Nach einem unterhaltsamen Abend mit "Uno"-Spielen brauchten wir nachts bei "nur" 25 Grad zum ersten Mal seit langem wieder wollene Bettdecken.
Am folgenden Tag (04.07.) wurden die Straßen noch schlechter und Schlaglöcher und Bodenwellen beanspruchten unsere Motorräder so sehr, dass Peters eine Alubox irgendwann aus der Halterung fiel. Für die Weiterfahrt konnten wir die Halterung zunächst wieder zurechtbiegen aber in Fort Munro mussten wir den angebrochenen Gepäckträger und die angerissene Kistenhalterung schweißen lassen.
Aufgrund dieses Zwischenfalls entschieden wir uns, nicht mehr bis nach Dera Ghazi Khan im Industal weiterzufahren, sondern statt dessen in Fort Munro, das noch in den Bergen lag, zu übernachten, eine Entscheidung, die sich als äußerst günstig herausstellte, da wir so eine weitere kühle Nacht hatten, bevor wir ins schwülwarme Industal hinabfuhren.
Die eng gewundene schmale Passstraße von den Bergen in die Ebene war der wohl bislang beeindruckendste Streckenabschnitt unserer Reise und vor lauter Fotostops kamen wir nur langsam voran. Aber auch diese 50 km herrlicher Natur waren irgendwann vorüber und danach konnten wir auf dem "Indus-Highway" nach Dera Ismail Khan wieder richtig Gas geben. Ein Baustellenabschnitt, der uns auf schlecht bis gar nicht befestigte Umleitungen zwang, und die hohe Temperatur in Verbindung mit der hohen Luftfeuchte machten uns körperlich ganz schön zu schaffen und so waren wir heilfroh als wir endlich im klimatisierten Hotelzimmer in Dera Ismail Khan waren.
Die Weiterfahrt nach Islamabad gestaltete sich ähnlich anstrengend wie die vorherige Etappe, da die Temperaturen nach wie vor bei etwa 40 Grad lagen und uns die Luftfeuchte den Schweiß im Stehen aus allen Poren trieb. Zum Glück trocknete der Fahrtwind uns einigermaßen.
Gestern (07.07.) versuchten wir, unsere Weiterreise nach China zu organisieren und das chinesische Reisebüro hörte sich auch recht vielversprechend an. Da wir jedoch schon oft dieses Gefühl hatten, es könnte klappen, besorgten wir uns auch gleich noch vorsichtshalber ein nepalesisches Visum.
Am gestrigen Spätnachmittag erlebten wir unseren ersten Monsunregen, der einem deutschen Sommergewitter vergleichbar war und nach nicht einmal zwei Stunden wieder vorbei war.
Heute (08.07.) erfuhren wir von dem Reisebüro, dass wir einen Führer für die Fahrt durch China bräuchten, die komplette Tour buchen müssten (inkl. Hotels) und die Organisation 2 Wochen dauern würde, so dass wir China jetzt leider streichen müssen und dafür nach Indien und Nepal weiterfahren werden. Am heutigen Nachmittag haben wir noch die größte Moschee der Welt, die Faisal-Moschee, besichtigt, ein Geschenk des saudischen Königs an das Volk von Pakistan.
 

14.07.2000 Kaghan - Pakistan

Vor fünf Tagen, am 9.7., sind wir von Islamabad nach Norden aufgebrochen, um vor der Weiterfahrt nach Indien noch einen Eindruck des pakistanischen Karakorum-Gebirges zu bekommen.
Zunächst ging es durch herrlich grüne Gebirgslandschaften auf knapp 3000 m Höhe hinauf, wo die Temperatur nach der Hitze der vorhergehenden Tage sehr angenehm war. Auf hervorragend ausgebauter Straße fuhren wir anschließend wieder hinunter zum Karakorum-Highway, auf den wir in Abbottabad trafen und den wir schon nach wenigen Kilometern wieder verließen, um zunächst ins Kaghan-Valley zu fahren.
Da die neu gebaute Straße noch nicht ganz fertig war, mussten wir auf der engen, alten Straße fahren und hier machte Stefan die leidvolle Erfahrung, dass pakistanische Lkw-Fahrer entweder rechtzeitig Platz machen oder gar nicht, auch wenn die Straße noch so breit ist. Glücklicherweise kam es nicht zu einem richtigen Zusammenstoß aber die Stoßstange des Lkw erwischte Stefans seitliche Alubox und riss sie aus der Halterung. Der Gepäckträger war verbogen, die Alubox total deformiert und zu allem Überfluss wollte Stefans Motorrad auch nicht mehr anspringen, aber von dem Lkw-Fahrer war nur ein "Sorry" zu bekommen.
Auf einem leeren, entgegenkommenden Lkw transportierten wir Stefan und sein Motorrad zurück nach Mansehra, die nächste Stadt. Nachdem wir in einem Hotel den Schaden analysiert hatten und Stefans Motorrad sich von dem Schock erholt hatte und wieder tadellos lief, fuhren wir in eine Werkstatt, die uns die Box wieder einigermaßen zurechtbog.
Am Abend bekam Stefan dann plötzlich hohes Fieber, das sich auch am nächsten Morgen noch nicht gebessert hatte, so dass wir mittags einen Arzt aufsuchten, der gleich den Verdacht hatte, es könnte Malaria sein. Für uns war dies relativ unwahrscheinlich, da Stefan zum einen seit dem Iran ein Prophylaxemittel nahm und wir zum anderen seit der Türkei keine einzige Stechmücke gesehen hatten. Am Nachmittag war das Fieber zwar aufgrund einer Spritze wieder weg aber in den folgenden zwei Tagen hatte Stefan drei weitere Fieberschübe, die zum Glück immer geringer ausfielen. In der Zwischenzeit lies Peter für ein paar Mark einen neuen Boden in Stefans Kiste einsetzen und einen Ölwechsel bei den Motorrädern durchführen. Die Kiste sieht jetzt fast wieder wie vorher aus und die Motorräder wurden von zwei kräftigen Monsunregen auch wieder einmal sauber gewaschen.
Gestern fuhren wir schließlich wie geplant weiter ins Kaghan-Valley, wo uns die unbefestigte Straße mit ihren Straßenbaustellen und Schlammlöchern sowie eine heftiger Monsunregen physisch und psychisch zu schaffen machten, so dass wir froh waren, nach 114 km und fast vier Stunden reiner Fahrzeit endlich ein Hotel zu finden.
Da Stefan sich die miserablen Straßenverhältnisse nicht noch weiter antun wollte, kämpfte sich Peter heute alleine noch weiter zu einem 30 km entfernt auf 3200 m Höhe gelegenen See.
Während unseres krankheitsbedingten Aufenthalts in Mansehra wurden wir einmal mehr von der Gastfreundschaft der Pakistani überrascht, so wollten weder der eine Mechaniker, noch der Laborarzt, noch der behandelnde Arzt eine Bezahlung ihrer Leistungen, und wenn wir jede Einladung zum Tee annehmen würden, kämen wir überhaupt nicht mehr voran.
 

20.07.2000 Becham - Pakistan

Der Karakorum-Highway war wohl der bisher landschaftlich beeindruckendste Teil unserer Reise. Entlang des Indus, der sich wild tosend seinen Weg durch den Himalaja bahnt, windet sich die kühn in den Fels geschlagene Straße. Obwohl wir keinen einzigen Tropfen Regen abbekamen, musste sowohl vor uns wie auch hinter uns ein heftiger Wolkenbruch niedergegangen sein, da auf einmal Hangrutsche uns den Weg versperrten. Trotz des tatkräftigen Einsatzes etlicher Pakistani, waren die vor uns liegenden Schlamm- und Geröllmassen nur mit schweren Räumfahrzeugen zu beseitigen. An diesem Tag war an ein Weiterkommen nicht zu denken, also suchten wir uns eine Unterkunft in dem Dorf, das wir zuletzt passiert hatten und das glücklicherweise noch erreichbar war.
Am nächsten Morgen war die Straße wieder befahrbar, wobei meist eine Fahrspur über die Geröllmassen führte. Nach dem Dorf Chillas weitete sich das Tal, die Straße war frei und es bot sich der erste Blick auf den Gipfel des Nanga Parbat (8126 m). Dem kargen Steintal wurden immer wieder kleine Felder abgerungen auf denen Gemüse und Obst wachsen. Trotz der Höhe von 1500 m über dem Meer werden hier Pfirsiche, Aprikosen und Weintrauben geerntet.
Vorbei an Gilgit trafen wir am Abend im Hunzatal ein, von wo aus man einen traumhaften Blick auf den Rakaposhi (7788 m) hat. Das Hunzatal ist Ausgangspunkt vieler Treckingtouren, weshalb wir hier auch jede Menge deutscher Touristen antreffen. Einen Tag lang erkundeten wir das Tal in Richtung der chinesischen Grenze bevor wir uns wieder auf den Rückweg machten. Dabei trafen wir ein australisches Pärchen, die auf ihrer Moto Guzzi über Indonesien, Singapur, Malaysia, Vietnam, Laos, Thailand und Indien nach Pakistan kamen und nun weiter nach Europa wollten. Wir wollen nun über das Swat Valley nach Peshawar und von dort nach Lahore, um nach Indien einzureisen.
 

28.07.2000 McLeod Ganj - Indien

Vor einer Woche, am 21.07.00, verließen wir das Indus-Tal und fuhren über den Shang La-Pass weiter ins Swat-Tal. In den Dörfern unterwegs waren Hunderte von Männern und Kindern zu sehen, was uns wieder einmal bewusst machte, wie viele Menschen hier auf engsten Raum leben; schließlich bekamen wir nur die Hälfte der Bevölkerung zu Gesicht, da Frauen im Straßenbild kaum zu finden waren.
Nach der Überquerung des 1500 m hohen Malakand-Passes stiegen Temperatur und Luftfeuchtigkeit nochmals merklich an, so dass wir uns nach einer Unterkunft mit Klimaanlage umsahen, die wir aber erst in Peshawar fanden. Bei diesem schwülheißen Wetter war eine Klimaanlage unverzichtbar, um am Morgen ausgeruht aufs Motorrad steigen zu können.
Peshawar war vor allem geprägt durch die kulturelle Vielfalt der Bevölkerung, wobei afghanische Kriegsflüchtlinge einen großen Anteil ausmachten. Zu unserer größten Verwunderung wurde Haschisch ganz offen auf der Straße verkauft, ein Zeichen, dass der Arm der Regierung in Islamabad nicht mehr ganz bis hierher reicht. Da es am ersten Tag größtenteils regnete, blieben wir einen weiteren Tag, um die Stadt genauer kennenzulernen; danach ging es am 24.07 weiter nach Lahore.
Glücklicherweise war der Verkehr angenehmer als erwartet und zusätzlich hatten wir noch sehr viel Glück mit dem Wetter, da wir kaum nass wurden. Neben der Straße standen aber die Felder durch heftige Regengüsse unter Wasser. Leider wurden wir von der Polizei am Befahren der modernen Autobahn von Islamabad nach Lahore gehindert, da Motorrädern die Benutzung verboten ist. Im Gegensatz zu ihren iranischen Kollegen ließen sich die pakistanischen Beamten auch nicht durch gutes Zureden umstimmen.
Am Abend hatten wir die 460 km hinter uns gebracht und im YMCA zwei deutsche Radfahrerinnen und zwei Motorradfahrer (aus England und Frankreich) getroffen. Letztere bereiteten uns auf den schwierigen Grenzübertritt nach Indien vor.
Im Vergleich zu Peshawar waren Luftfeuchte und Temperatur in Lahore nochmals höher und so gestaltete sich der Stadtrundgang wie ein sehr ausgedehnter Saunabesuch. Jede zweite Chance wurde genutzt, unsere verlorene Flüssigkeit wieder zu ersetzen. Außer Moscheen, einer Festung und zahllosen Bauten aus der Kolonialzeit, gab es einen McDonalds, der für pakistanische Verhältnisse jedoch sehr teuer war. Für uns aber bedeutet diese amerikanische Fast-Food-Restaurant, dass wir das erste Mal seit langem bereits bei der Bestellung wussten, was uns serviert werden wird.
Vor zwei Tagen, am 26.07, überquerten wir die wenig frequentierte pakistanisch-indische Grenze, wobei die Ausreise aus Pakistan sehr schnell und unkompliziert abgewickelt wurde. Auf der indischen Seite mussten wir zunächst eine mehrseitige Zollerklärung ausfüllen bevor unser Gepäck genau inspiziert wurde. Zum ersten Mal mussten wir unsere Kisten und einen Packsack öffnen und sogar Peters Tank wurde mit einem Holzstab auf unerlaubte Fremdkörper untersucht. Nach knapp drei Stunden hatten wir die Grenze endlich hinter uns und wurden sogleich von fünf Restaurantbesitzern bedrängt in dem jeweiligen Restaurant, direkt hinter der Grenzschranke, etwas zu essen. Nach einem kleinen Imbiss und 45 Minuten Fahrzeit erreichten wir Amritsar, wo wir noch am Nachmittag den Goldenen Tempel, das Heiligtum der Sikhs, besichtigten.
Gestern fuhren wir weiter über Pathankot und Dharamsala hierher nach McLeod Ganj (der Exilheimat des Dalai Lama und Tausender seiner Anhänger). Bis zum Fuße der Berge hatten wir herrliches Wetter, dann aber kamen wir zum zweiten Mal auf dieser Reise in einen starken Regenguss, der uns zum Anhalten und Unterstellen zwang. Heute regnete es den ganzen Tag über und eine Wetterbesserung ist nicht in Sicht, zumindest nicht vor Ende der Regenzeit im September.
Immerhin hatten wir unsere Ankunft hier so glücklich gewählt, dass wir heute an einer öffentlichen Audienz des Dalai Lama teilnehmen konnten, die etwa einmal im Monat stattfindet.
 

10.08.00 Neu Delhi - Indien

Nachdem wir in McLeod Ganj außer schlechtem Wetter und dem Dalai Lama nichts zu sehen bekommen hatten, fuhren wir in vier Stunden Dauerregen nach Mandi weiter. Dort kamen wir völlig durchnässt an, hatten aber Glück, dass uns unser Hotel einen Heizlüfter zur Verfügung stellte, womit die Motorradbekleidung bis zum nächsten Morgen wieder trocknete. Auf dem Weg nach Manali besserte sich das Wetter leicht und wir sahen zum ersten mal seit Tagen wieder die Sonne. Manali sollte der Startpunkt für die spektakuläre Tour nach Leh werden. Die Straße führt über vier Pässe (darunter der Taglang La mit 5328 m) und verläuft durchschnittlich auf über 4000 m. Aufgrund der Höhe ist diese 475 km lange Route nur drei Monate im Jahr befahrbar. Den ersten Pass (Rotang La, 3978 m) hatten wir im dichtesten Nebel erklommen, wobei die Sichtweite teilweise keine 50m betrug. Kurz vor dem Passsattel trafen wir auf eine Baustelle, die mal eben die Straße für eine Stunde sperrte.
Gemeinsam mit Hunderten von Tibetern, die alle zu einer Zeremonie des Dalai Lama ins Spiti-Valley wollten, warteten wir in der nebligen Kälte auf das Weiterkommen. Endlich durften wir den Pass überqueren und bei Sonnenschein nach Keylong (3350 m ü. NN) erreichen. Dort erfuhren wir von dem heftigen Schauern der vergangenen Tage, die hier im Zentralhimalaja eigentlich sehr ungewöhnlich sind. Es hatte so stark geregnet, dass die Straße nach Leh wegen Hangrutsche und Schnee auf den Pässen unpassierbar war. Die offizielle Verlautbarung: in ein bis zwei Wochen ist die Straße wieder befahrbar!
Da solcherlei Aussagen in Indien im allgemeinen sehr unzuverlässig sind, entschlossen wir uns, unsere Planung umzuwerfen.
Ursprünglich war geplant, dass Stefan von Leh aus nach Hause fliegt und Peter weiter durch den Himalaja nach Nepal fährt. Jetzt muss Stefan leider auf die zwei höchsten Pässe der Welt verzichten, denn wir werden weiter nach Delhi fahren, damit Stefan rechtzeitig zum 1.9 wieder in Deutschland ist. Peter wird von Delhi aus einen zweiten Versuch unternehmen, die Strecke nach Leh zu meistern, um im Anschluss Nepal und Tibet zu erobern.
Vor unserer Abreise aus Keylong, genossen wir noch einen letzten Tagesausflug in ein Seitental nach Udaipur. Es war einfach überwältigend im Schatten der 6000er zu fahren, zumal die Temperaturen mit 25 bis 30 Grad angenehm waren und der klare Himmel die Sicht zu den Berggipfeln freigab. Das schöne Wetter hielt auch noch den nächsten Tag an, als wir zum zweiten Mal den Rotang La passierten und wieder in das tiefer gelegene Kullu-Valley kamen. Dabei sahen wir auch zum ersten Mal die sattgrüne Südseite des Passes, um die uns bei der Hinfahrt der Nebel betrogen hat. Über Manali ging es weiter nach Shimla, einer alten Kolonialstadt am Fuße des Himalaja auf 2200 m. Diese Stadt ist mit der ihr zu Füßen liegenden Tiefebene (ca. 350 m ü. NN) über eine einmalige Eisenbahnstrecke verbunden. In fünf Stunden Fahrzeit kann man über 800 Brückenbauwerke überqueren und über 100 Tunnel durchfahren. Natürlich wollten wir uns eine Fahrt mit diesem Ingenieurshighlight nicht entgehen lassen. Allerdings ging am dritten Bahnhof unsere Lok kaputt, so dass wir drei Stunden auf den nächsten Zug warten mussten. Da wir noch am selben Tag wieder zurück nach Shimla wollten, fuhren wir nur noch zwei Bahnhöfe weiter und stiegen in einen entgegenkommenden Zug. Der wiederum stand kurz danach vor einem Hangrutsch. So dass wir im Regen auf einen Räumtrupp warteten. Mit Schaufeln wurden die Gleise wieder ausgegraben. Als wir in Shimla endlich ankamen war es bereits dunkel und wir hatten großen Hunger. Zu allem Überfluss fanden wir lange kein Restaurant, da an jenem Tag die Geschäfte von Shimla durch Schließung gegen ein Pilgermassaker in Kaschmir demonstrierten. Um 22.00 Uhr haben wir dann doch noch in einem kleinen Pizzaladen was bekommen.
Die Weiterfahrt nach Nahan verlief dann, Gott sei Dank, völlig unspektakulär. Dafür war wieder schwitzen angesagt, denn das schwülheiße Wetter der Tiefebene hatte uns wieder. Von Nahan nach Delhi fuhren wir auf einem exzellenten Highway. In Delhi selbst wurde die Suche nach dem Flughafen zu einer Odyssee im Großstadtmoloch. Es gab auf der Ringstraße kein einziges Hinweisschild und das was wir dann (nach 50maligen Nachfragen) als internationalen Flughafen vorfanden, war ein kleiner Abklatsche des Nürnberger Flughafens. Für Besucher gab es kein Reisebüro, keine Touristeninfo und keinen Zugang zu den Schaltern der Airlines. Inzwischen haben wir uns aber zurechtgefunden, eine Niederlassung der Spedition Schenker (für das Motorrad) und ein Reisebüro gefunden. Da über das Wochenende nicht gearbeitet wird und nächsten Dienstag der indische Nationalfeiertag ist, haben wir uns entschlossen, in den nächsten Tagen nach Agra zu fahren, um dort das weltberühmte Taj Mahal zu!
besichtigen. Sein Anblick soll vor allem bei Vollmond atemberaubend sein. Am Sonntag den 20. August trennen sich dann die Wege von Stefan und Peter.
 

17.08.2000 Neu Delhi - Indien

Es hatte sich eigentlich alles recht vielversprechend angehört, als wir uns vor einer Woche bei einer großen deutschen Spedition hier in Delhi nach den Konstitutionen für den Rücktransport von Stefans Motorrad erkundigten, aber als wir gestern das Motorrad wie ausgemacht in der vorbereiteten Kiste verstauen wollten, stellte sich heraus, dass die Kiste noch nicht fertig war und noch viele andere Fragen ungeklärt waren. Wir wurden den Eindruck nicht los, dass diese große Spedition zum ersten Mal mit dem Transport eines Fahrzeugs konfrontiert war und dementsprechend schwammig waren die erhaltenen Auskünfte. Allein die Frage, ob es möglich sei, normales Gepäck zusammen mit dem Motorrad zu verschicken, wurde uns erst mit "Nein", dann mit "Ja", schließlich wieder mit "Nein" und letztlich doch mit "Ja" beantwortet. Ähnlich unzuverlässig war die Aussage bezüglich der Kosten, so dass zunächst Luft- und Seeweg etwa gleich teuer sein sollten, letztendlich der Luftweg aber doch!
teurer als der Seeweg und doppelt so teuer wie am Anfang war. Ein Drama für sich war schließlich noch der Papierkram, der ursprünglich gestern Abend (16.8.) abgewickelt werden sollte. Da hieß es dann, dass die Papiere bis heute Morgen zur Unterschrift fertig gemacht würden und als Stefan diese leisten wollte, wurden ihm nur leere Blankoformulare vorgelegt, so dass es noch einmal 2 Stunden dauerte, bis endlich die fertigen Fracht- und Versicherungspapiere vorlagen. Dass der zuständige Sachbearbeiter behauptete, derzeit 12 Motorräder nach Europa zu verschicken, hört sich bei der uns dargebotenen nicht vorhandenen Routine als der Witz des Jahres an, wobei uns das Lachen seit gestern gründlich vergangen ist.
Ach so, am Wochenende waren wir noch in Agra und haben das Taj Mahal besichtigt. Gemeinsam mit Tausenden von Touristen durften wir die filigrane Handwerkskunst dieses indischen Wahrzeichens bewundern. Zu gerne hätten wir auch gesehen wie der Sonnenuntergang das weiße Marmorbauwerk in rotes Licht taucht, aber leider versagte uns eine dichte Wolkenschicht am Horizont diesen Anblick.
Morgen trennen sich unsere Wege. Peter fährt wieder zurück in den kühleren Norden Indiens und Stefan darf sich noch ein bis zwei Tage mit unfähigen indischen Spediteuren herumärgern, ehe er ins wohl noch kühlere Deutschland zurück fliegt.
 


_____________________

25.08.2000 Leh - Indien

Vor genau einer Woche, am 18.8., bin ich von Delhi aufgebrochen und auf schnellstem Wege nach Norden gefahren, um der Schwüle des Flachlandes zu entkommen. Sobald ich aber den Fuß der Berge bei Chandighar erreichte, wurde ich von dem einsetzenden Regen daran erinnert, dass die Monsunzeit noch nicht vorbei war. Zum Glück regnete es nicht lange aber bis Shimla musste ich auf den nassen kurvenreichen Bergstraßen entsprechend vorsichtig fahren.
In Shimla wollte mich ein übereifriger Polizist nicht zu dem Hotel fahren lassen, zu dem ich gerne wollte, weil die letzten 30 m für Fahrzeuge gesperrt waren. Also fuhr ich eben von der anderen Seite zu dem Hotel, wo kein Verbotsschild und auch kein Polizist standen. An den folgenden beiden Tagen (19. + 20.8) fuhr ich bei herrlichem Wetter durch die Berge nach Mandi und weiter nach Manali. Da ich die Stadt mittlerweile recht gut kenne, ging es gleich am nächsten Tag die knapp 2000 m zum Rotang-Pass hinauf und auf der anderen Seite wieder knapp 1500 m hinunter ehe die Straße noch einmal 800 m ins 3350 m hoch gelegene Keylong anstieg. Nach der billigsten Nacht der Reise für 1,50 DM im Schlafsaal eines Hotels nahm ich die nächsten 110 km bis zur 4250 m hoch gelegenen Zeltstadt Sarchu in Angriff. Unterwegs traf ich drei Franzosen und einen Nepalesen, die zusammen auf drei indischen Enfield-Motorrädern unterwegs waren, wobei der eine Franzose mit seinem nepalesischen Sozius die Serpentinen zum 4892 m hohen Baralacha-Pass hinaufraste, als ob ihn der Teufel geritten hätte. Wie sich oben herausstellte war es aber schon das dritte Mal, dass er die Strecke fuhr, und somit kannte er wohl schon jede Kurve und jedes Schlagloch persönlich.
Bei Sarchu zeltete ich etwas abseits von den anderen Reisenden zusammen mit den vier Motorradfahrern. Vor dem Schlafengehen machte sich die Höhe auch bei mir durch leichte Kopfschmerzen bemerkbar aber Dank der Schmerztablette eines großen deutschen Chemieunternehmens war dieses Problem im Gegensatz zu den kühlen 5 Grad schnell behoben. Eigentlich sollte mein Schlafsack ja bis -10 Grad gemütlich sein, aber so richtig warm war mir in dieser Nacht nicht. Vermutlich hat der Schlafsack unter dem dreimonatigen Komprimieren auf sein Minimalvolumen etwas von seiner Isolationswirkung eingebüßt.
Vorgestern (23.8.) bewältigte ich schließlich den Rest der Strecke nach Leh über den Lachalang-Pass (5065 m) und den Tanglang-Pass (5360 m). Aufgrund der herrlichen warmen Brauntöne der Landschaft, die im Kontrast zu einem strahlend blauen Himmel standen, erinnerte mich die Landschaft stark an Island (siehe Bilder vom Kerlingarfjöll unter "bisherige Reisen" - "Island"). Etwa 40 km der Strecke verliefen auf einer 4700 m hoch gelegenen grünen Ebene, die zu beiden Seiten von kargen Bergen begrenzt war. Im Licht der tiefstehenden Abendsonne erreichte ich nach 275 anstrengenden Kilometern Leh, wo ich in einem privaten Gästehaus ein Zimmer bekam und, wie es anscheinend in indischen Gästehäusern üblich ist, mit der Familie zu Abend essen durfte.
Gestern gestattete ich meinem Motorrad und meinem Hinterteil einen Tag Erholung und sah mich zu Fuß in Leh und seinen teuren Souvenirläden um, wo einem die Verkäufer alles möglich aufdrängen wollen, wenn man nur den Laden betritt. Bei meinem Rundgang durch Leh traf ich Carolin, eine deutsche Touristin, die ebenfalls alleine unterwegs ist und mit mir mit dem Motorrad ins Nubra-Tal fahren möchte. Mal sehen, ob das klappt, schließlich bin ich so schon ganz gut beladen.
 

03.09.2000 Keylong - Indien

Am 25.8. machte ich mit Carolin einen Motorradausflug zu den Klöstern der Umgebung, um zu sehen, ob sie wirklich mit mir über den höchsten befahrbaren Pass der Welt, den Khardung La (5602 m), ins Nubra-Tal fahren wollte, aber anscheinend war mein Motorrad immer noch bequemer als indische Reisebusse.
Der Fahrt ins Nubra-Tal stand also nichts im Wege und so brachen wir am folgenden Tag (26.8.) mit reduziertem Gepäck auf und haben den Khardung-Pass auf gut ausgebauter Straße zügig erklommen, wobei das Fahren mit Sozia besser ging als ich erwartet hatte. Nach einer Übernachtung in Diskit, der Besichtigung des dortigen Klosters und einem Ausflug in die Sanddünen zwischen Diskit und Hunder ging es am nächsten Tag zurück nach Leh. Etwas unterhalb der Passhöhe hatte ich dabei noch mit einem Bach zu kämpfen, der die Straße überflutet und in dem ich das Motorrad festgefahren hatte. Nach einiger Anstrengung ging es mit nassen Füßen weiter. Carolin war zum Glück schon vorher abgestiegen und schaute sich das Ganze vom trockenen Ufer aus an.
Eigentlich wollte sie am 28.8. mit dem Bus Richtung Delhi aufbrechen, aber da vor dem 31.8. kein Bus zu bekommen war, beschlossen wir, noch gemeinsam zum Pangong-See zu fahren. Nachdem wir uns die nötige Genehmigung besorgt haben, fuhren wir am 29.8. mit etwas mehr Gepäck los, da wir Zelt, Schlafsäcke und Nahrung mitnehmen mussten. Die Straße über den zweithöchsten befahrbaren Pass (5599 m) war glücklicherweise erheblich besser als die Beschreibung im Reiseführer vermuten lies, so dass wir für die 160 km bis zum See nicht einmal 5 Stunden benötigten.
Unser Zelt schlugen wir etwa 50 m vom Ufer des auf 4300 m Höhe gelegenen Sees auf, der zu drei Vierteln in Tibet liegt. Bis zum Morgen des 31.8., als wir den Rückweg nach Leh antraten, bekamen wir keinen Menschen zu Gesicht und nur gelegentlich verriet ein entferntes Motorengeräusch, dass wir nicht die einzigen Menschen an diesem abgelegenen Ort waren. Wie auf dem Hinweg, wurden wir auch auf dem Rückweg von den freundlichen Soldaten eines Kontrollpostens zum Tee eingeladen, den wir nach dem spärlichen Frühstück gerne annahmen.
Vorgestern (1.9.) erlebten wir noch den Eröffnungsumzug und die Eröffnungszeremonie des Ladakh-Festivals, das bis zum 15.9. an verschiedenen Orten rund um Leh stattfindet. Gestern Morgen (2.9.) trennten sich unsere Wege wieder. Carolin brach um 4 Uhr mit dem Bus nach Manali auf und ich machte mich sechs Stunden später auf den gleichen Weg. Nach 200 Kilometern und einem Abstecher zum Kar-See musste ich in der Zeltstadt Pang mein Zelt aufbauen, da man nur bis 13 Uhr weiterfahren durfte, ich aber erst gegen 15 Uhr ankam. Nach einer eiskalten Nacht auf etwa 4600 m Höhe und Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt ging es heute bei herrlichstem Wetter weiter nach Keylong, wobei mir die Straße größtenteils alleine zu gehören schien.
 

11.09.2000 Mahendranagar - Nepal

Am 4.9. bin ich von Keylong nach Manali aufgebrochen aber schon nach wenigen Kilometern war die Fahrt erst einmal zu Ende weil ein Felssturz die Straße blockierte. Einige Arbeiter versuchten, mit Brechstangen die Felsbrocken von der Straße zu bringen aber bei dem Ausmaß des Felssturzes konnte das ewig dauern. Ich dachte schon über mögliche Alternativrouten nach aber eine andere Straße gab es nicht und so hätte ich nur versuchen können über sogenannte "jeepable Roads", also Straße für Geländefahrzeuge, nach Dharamsala zu kommen, was aber einen Umweg von mindesten 250 km bedeutet hätte. Zum Glück erschien nach einigen Minuten eine Planierraupe und die optimistischen Inder gingen davon aus, dass somit innerhalb von zwei Stunden die Straße wieder passierbar wäre. Ich war da eher skeptisch und rechnete mit etwa vier Stunden Wartezeit aber nach drei Stunden in der prallen Sonne durfte ich endlich als einer der ersten weiterfahren und hatte somit bis nach Manali freie Fahrt weil alle langsameren Fahrzeuge hinter mir waren.
Auf meinem weiteren Weg nach Nepal wollte ich solange wie möglich in den Bergen bleiben, wo es nicht ganz so schwülheiß war wie in der Ebene, und dabei ließ ich mich auch von kleinsten Nebenstraßen nicht abschrecken. Auf dem Weg von Manali nach Narkanda am 5.9. wurde ich kurz nach der Überquerung des 3200 m hohen Jalori-Passes abermals von einem Erdrutsch aufgehalten bei dem wieder größere Felsbrocken und Geröll die Straße blockierten. Auch hier gab es keine Alternativroute, die nicht einen großen Umweg bedeutet hätte, so dass ich nur warten konnte, bis die etwa 20 mit Brechstangen, Schaufeln und Pickeln ausgerüsteten Arbeiter die Straße nach zwei Stunden so weit geräumt hatten, dass ich mit meinem Motorrad passieren konnte. Für die wartenden Autofahrer dauerte es wohl noch etwas länger aber auch für mich bedeutete es keineswegs freie Fahrt, denn schon einige Kilometer weiter versperrte ein reisender Wasserfall, der direkt auf die Straße plätscherte, die Weiterfahrt. Die Wassermassen mussten von einem heftigen Gewitterregen gestammt haben, den ich glücklicherweise nicht erlebt habe und so hieß es abermals "Warten" bis der Wasserfall in seiner Gewalt etwas nachgelassen hatte. Durch die beiden Hindernisse verzögerte sich meine Fahrt insgesamt, so dass ich zum ersten Mal während der gesamten Reise bei Dunkelheit fahren musste.
Auf zum Teil unbefestigten Straßen, die an Forststraßen in den Alpen erinnerten, ging es am 6.9. weiter nach Mussoorie. Unterwegs erfuhr ich, dass etwa 80 km meiner geplanten Route durch ein Gebiet führten, das für Ausländer gesperrt ist, aber da mich weder eine Schranke noch irgendein Wachposten aufhielten, habe ich das umgeknickte Verbotsschild einfach übersehen. Beim Verlassen des Gebiets hätte ich dann doch fast noch Probleme bekommen aber der Soldat, der mich aufgehalten hat, konnte zum Glück kein Englisch und so bin ich nach kurzem Anhalten einfach weitergefahren. Bei einsetzendem Nieselregen habe ich nach über acht Stunden reiner Fahrzeit den in dichte Wolken gehüllten Ferienort Mussoorie auf etwa 2000 m Höhe erreicht. Am folgenden Tag riss die Wolkendecke gelegentlich auf, so dass sich erahnen lies, wie schön die Stadt gelegen ist. Leider hängen während der Monsunzeit häufig Wolken direkt in der Stadt, so dass man von dem herrlichen Ausblick nichts sieht und die Kleidung eher feucht als trocken wird, wenn man sie im Zimmer aufhängt.
Nach einem Tag Fahrt ohne Hindernisse (8.9.), war die Straße nach Almora wiederum durch einen Erdrutsch versperrt. Zum Glück wurde ich gleich auf eine Alternativroute aufmerksam gemacht, die auf meiner Karte nicht eingezeichnet ist, aber auch hier versperrte nach einigen Kilometern ein riesiger Felsblock die Straße. Das Hindernis musste ganz frisch sein, da erst ein paar Autos warteten aber immerhin war schon ein "Sprengmeister" da, der versuchte, den Block mit einer Detonation zu zertrümmern, wobei jedoch der erste Versuch fast ohne Wirkung blieb. Zum Glück war zwischen dem Felsblock und dem Abgrund noch etwas Platz, so dass ich mit Müh und Not und der Hilfe von ein paar Indern mein Motorrad an dem Hindernis vorbeibugsieren konnte und meine Fahrt fortsetzte bevor es zu einer zweiten Sprengung kam.
Am Sonntag, den 10.9. kam ich nach Nainital, wo Tausende von Indern ein hinduistisches Fest feierten, weshalb ich schon befürchtete, nur schwer ein Hotel zu finden, aber die meisten Inder verließen am Abend wieder die Stadt, so dass ich der einzige Gast in der Jugendherberge war.
Heute (11.9.) habe ich Indien verlassen, wobei der Grenzübertritt mit allen Formalitäten innerhalb von nur einer Stunde über die Bühne gegangen wäre, wenn ich nicht zwei Stunden auf einen Zollbeamten hätte warten müssen, der gerade Mittagspause machte.
Jetzt bin ich also in Nepal und schon gespannt, was sich hier gegenüber Indien ändert und ob die Straße auf den kommenden Kilometern wirklich noch so schlecht ist, wie im Reiseführer beschrieben.
 

17.09.2000 Pokhara - Nepal

Es ist unglaublich, wie schnell die Zeit vergeht. Jetzt bin ich doch tatsächlich schon eine Woche in Nepal und es kommt mir so vor, als hätte ich erst gestern Indien verlassen.
Von Mahendranagar aus bin ich am 12.9. weiter zum "Royal Bardia National Park" gefahren. Die Straße war entgegen meinen Befürchtungen ganz hervorragend, allerdings sind einige Brücken erst in diesem Jahr fertiggestellt worden und wie es vorher war, möchte ich lieber nicht wissen. Da in Nepal noch weniger Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs sind, konnte ich zwischen den Ortschaften mal wieder richtig Gas geben und auch den 4. und 5. Gang meines Motorrads benutzen.
Am 13.9. machte ich mit einem anderen Münchner Studenten und zwei Führern eine Wanderung durch den Dschungel in der Hoffnung, ein Krokodil, ein Nashorn, einen Elefanten oder gar einen Tiger zu Gesicht zu bekommen. Außer Hirschen, Affen und verschiedenen Vögeln bekamen wir aber nur Blutegel zu Gesicht, die ständig an unseren Beinen hochwanderten und nach bloßer Haut suchten, wo sie sich festsaugen konnten. Bei mir wurden sie am Bauch fündig weil ich dummerweise mein Hemd am Anfang über die Hose hängen hatte und ich merkte es erst, als ein großer Blutfleck mein Hemd zierte. Nach elf Stunden im schwülen Dschungel war ich ziemlich erschöpft und total durchgeschwitzt, so dass ich am Tag darauf etwas Ruhe brauchte und mich nicht allzu weit von meiner Unterkunft entfernte, was aber an den Schweißmengen, die ich im Laufe des Tages absonderte, nicht viel änderte. Eigentlich wäre ich ja gerne noch ein paar Tage an diesem ruhigen Ort am Rande des Dschungels geblieben aber die Hitze machte mir zu sehr zu schaffen, so dass ich lieber weiter über Tansen nach Pokhara fuhr.
Bis Tansen war die Straße hervorragend, wenn man von den zahllosen Stellen absieht, an denen die Überreste von weggeräumten Erdrutschen auf der Straße zu finden waren.
Dagegen war die Strecke von Tansen nach Pokhara zu zwei Dritteln eine einzige Schlaglochpiste auf der ich nur langsam voran kam. Leider war weder in Tansen noch in Pokhara bisher etwas von den herrlichen Panoramen des Himalaja zu sehen weil eine dichte Wolkendecke die Sicht versperrte. Hoffentlich wird es in den nächsten Tagen etwas besser, schließlich habe ich mich doch dazu entschlossen, am 19.9. zu einem 8-Tages-Trek zwischen dem Dhaulagiri und dem Annapurna zu starten.
 

28.09.2000 Pokhara - Nepal

Die zwei Tage (17. und 18.9), die ich in Pokhara verbrachte, bevor ich zu meinem Treck aufbrach, waren von miserablem Wetter geprägt. Spätestens mittags fing es an wie aus Kübeln zu schütten und dann regnete es durch bis spätabends. Die Wassermassen, die da vom Himmel stürzten, waren echt enorm und so ist es für mich nicht weiter verwunderlich, wie es hier im Juli so viel regnet, wie in München im ganzen Jahr.
Am 19.9. ging es um halb sieben Uhr morgens mit dem Flugzeug nach Jomsom auf etwa 2800 m über dem Meer. Von dort stieg ich in etwa sechs Stunden hinauf ins 3800 m hoch gelegene Muktinath, einem bedeutenden Wallfahrtsort der Hindus. Zum Glück regnete es hier nördlich des Annapurna-Massivs nicht, aber von den Bergen war ebenfalls kaum etwas zu sehen, da sie in dicke Wolken gehüllt waren. In den folgenden Tagen ging es zunächst kontinuierlich auf etwa 1200 m hinunter und danach noch einmal 2000 m hinauf auf den 3200 m hohen Poon Hill von dem ich am Morgen des 25.9. einen phantastischen Blick auf die schneebedeckten Gipfel des Dhaulagiri- und des Annapurna-Massivs hatte. Der folgende Abstieg auf 1000 m war der unangenehmste Teil des Trecks, da ich in meinen Motorradstiefeln keinen optimalen Halt hatte und auch schon mit ein paar Blasen an den Füßen zu kämpfen hatte. Vorgestern (26.9.) ging es die letzten Kilometer bis auf den Aussichtspunkt "Sarangkot" 2 Stunden vor Pokhara, wo ich gestern (27.9.) Morgen den Sonnenaufgang mit einem herrlichen Blick auf die Berge erlebte.
Nach meiner Rückkehr nach Pokhara am gestrigen Vormittag lies ich mir in einem Massagestudio meine verspannten Schultern durchkneten. Am Abend wollte ich nach 12 Tagen einmal wieder eine Runde mit meinem Motorrad drehen, aber der Kickstarter lies sich keinen Millimeter bewegen. Vermutlich war irgendein Teil durch den vielen Regen leicht eingerostet, denn nachdem ich die Kurbelwelle mit einem Schraubenschlüssel und viel Gewalt ein paar Mal gedreht hatte, sprang das Motorrad wieder an, so dass ich mir die Umgebung von Pokhara ansehen konnte.

17.10.2000 München - Deutschland

Von Pokhara fuhr ich am 29.9. weiter in Richtung Kathmandu, machte aber zunächst in Gorkha Halt und besichtigte den alten Königspalast. Zwei freundliche junge Nepalesen führten mich dabei etwas herum und erklärten mir einiges, allerdings nicht aus reiner Freundlichkeit, sondern weil sie hinterher eine Bezahlung für ihre Reiseführerdienste wollten. Später machte ich in ähnlichen Fällen von vornherein klar, dass ich nichts bezahlen würde weil ich keine Führung wollte und so wurde ich die Leute ganz schnell wieder los. Den beiden Jungs in Gorkha gab ich eine Kleinigkeit, mit der sie jedoch nicht zufrieden waren.

Gorkha, das ist der Innbegriff für Mut und Ausdauer und die Bezeichnung der nepalesischen Söldner, die noch heute in der indischen und britischen Armee dienen und nie ohne ihr typisches zur Schneide gekrümmtes Messer anzutreffen sind. Auch in Gorkha trugen viele der Männer diese traditionelle Waffe. Nach einer Übernachtung in dem recht noblen aber dennoch preiswerten "Gorkha Inn" ging es am folgenden Tag (30.9.) weiter nach Daman, das auf etwa 2300 m Höhe zwischen Kathmandu und Hetauda gelegen ist und bei klarem Wetter einen herrlichen Blick auf die Himalaya-Kette bietet, vom Dhaulagiri im Westen bis zum Mt. Everest im Osten. Am Abend fror ich bei 14 Grad in dem Hotel trotz zweier Pullover und wunderte mich über die Einheimischen, die barfuss und im T-Shirt herumliefen, aber ich war derartig kühle Temperaturen einfach nicht mehr gewöhnt. Entlohnt wurde ich am nächsten Morgen durch klare Sicht und einen herrlichen Sonnenaufgang von dem Aussichtsturm des Ortes.

Mein nächstes Ziel war wiederum ein bekannter Aussichtspunkt; Nagarkot, einige Kilometer östlich von Kathmandu. Dort hatte ich nicht ganz so viel Glück mit dem Wetter, aber immerhin war der Blick nach Osten fast wolkenfrei. Bevor ich endgültig Kathmandu ansteuerte, machte ich noch einen Zwischenstop in der nahezu autofreien Stadt Bhaktapur. Am 3. Oktober legte ich schließlich die letzten knapp 20 km ins Zentrum der Hauptstadt zurück und erfuhr dort, dass ich mein Motorrad frühestens am 13.10. verschicken konnte. Der Grund hierfür lag in dem Dasain-Festival, dem wohl wichtigsten hinduistischen Fest, das am 4.10. begann und bis 12.10. dauerte, wobei in dieser Zeit sämtliche Behörden geschlossen waren. In der Zwischenzeit machte ich ausgiebige Besichtigungen in Kathmandu und in der Umgebung, sah mir die Eröffnung des Festivals und eine große Zeremonie an, bei der zahlreiche Ziegen und junge Wasserbüffel geopfert wurden. In Pashupathnath konnte ich mehrere Totenverbrennungen aus der Nähe ansehen und in Bodhnath und Swayambhunath besichtigte ich zwei große Stupas, buddhistische Sakralbauten.

Am 7.10. traf ich mich mit einem Engländer und zwei Dänen, die ich beim Trekking kennengelernt hatte, um gemeinsam das Fußballspiel England gegen Deutschland anzusehen. Natürlich wurde es entgegen der Ankündigung des Barbesitzers doch nicht übertragen aber Hauptsache man sagt vorher erst einmal "ja". Typisch Asien! Nach über einer Woche in Kathmandu war es am 13.10. endlich soweit, dass das Motorrad verpackt, verzollt und am Flughafen abgegeben wurde. Eigentlich dachte ich, dass die Holzkiste so groß würde, dass ich das Motorrad im Ganzen hineinstellen könnte, aber am Morgen des 13.10. erfuhr ich, dass das Volumen in ein Gewicht umgerechnet wird und bei der ursprünglichen Größe der Kiste hätte ich sage und schreibe 500 kg bezahlen müssen. Also musste ich durch Ausbauen der Räder und Abbauen des Lenkers und des Tachos das Volumen minimieren, so dass letztendlich ein Gewicht von 281 kg errechnet wurde. Das Verpacken nahm fast den ganzen Tag in Anspruch aber dafür machte der Spediteur einen wesentlich kompetenteren und zuverlässigeren Eindruck als sein indischer Kollege bei der großen deutschen Spedition in Neu Delhi, mit der Stefan zu kämpfen hatte.

Meine letzten beiden Tage in Nepal (14. und 15.10) nutzte ich noch zum Einkaufen von einigen Souvenirs und Geschenken, bevor es schließlich am Morgen des 16.10. mit Qatar Airways über Doha zurück nach München ging. Nach knapp fünfeinhalb Monaten und fast 21000 Kilometern im Sattel meines Motorrads bin ich nach etwa 12 Stunden Flugzeit um 17 Uhr 40 in München gelandet.